Mit Urteil vom 28.07.2021 weicht der BFH von der bisherigen Rechtsprechung zur Anwendung der AfA gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG ab.
Bisher war ein Grundstückseigentümer darauf beschränkt, seine Gebäude über 40 bzw. 50 Jahre abzuschreiben, was einer Abschreibung von 2,5 bzw. 2 % jährlich entsprach. Der Nachweis kürzerer Abschreibungszeiträume wurde durch die bisherige Rechtsprechung quasi verhindert. Mit dem neuen Urteil vom BFH ändert sich dieses jedoch.
Unabhängig der differenzierten wirtschaftlichen Restnutzungsdauern der unterschiedlichen Objekttypen (z. B. Verbrauchermärkte 30 Jahre, Lagerhallen 40 Jahre, Wohnhäuser 80 Jahre gemäß Anlage 1 ImmoWertV 2021), waren stets die 1965 eingeführten Abschreibungszeiträume für alle Immobilienarten anzusetzen. Die in § 7 EStG angegebenen Abschreibungsdauern entsprechen jedoch nicht den tatsächlichen Bedingungen und Nutzungsintervallen auf dem Grundstücksmarkt. Sie widersprechen zudem den Vorgaben der §§ 185 Abs. 3 und § 190 Abs. 4 i.V. mit Anlage 22 BewG, welche die Wertermittlung ausschließlich auf die wirtschaftliche Nutzungsdauer abstellen.
Hier fragen Sie sich mit Recht, wie bei der steuerlichen Bewertung ein und derselben Immobilie, die Steuergesetze zwei deutlich voneinander abweichende Restnutzungszeiträume gesetzlich vorschreiben können.
In dem o.g. Urteil war zu entscheiden, ob das Modell zur Ableitung der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer für Wohngebäude unter Berücksichtigung von Modernisierungen gemäß Anlage 4 SW-RL (übernommen in Anlage 2 ImmoWertV 2021) geeignet ist, eine kürzere Nutzungsdauer als die in § 7 EStG festgesetzten Nutzungsdauern glaubhaft i.S.d. Gesetzes machen zu kann. Der BFH kam zu dem Schluss, dass das v.g. Modell geeignet sei, den Nachweis zu erbringen, dass eine kürzere Nutzungsdauer mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei. Aus dem Urteil geht jedoch hervor, dass der bloße Bezug auf die SW-RL oder ImmoWertV 2021 nicht ausreicht, sondern im Rahmen eines Gutachtens sich intensiv mit der Darlegung der kürzeren Nutzungsdauer zu befassen ist.
Zukünftig dürfte es dem Steuerpflichtigen so einfacher gelingen, eine kürzere, realere Nutzungsdauer seiner Immobilie nachweisen zu können. Eine Nutzungsdauer die in Übereinstimmung mit der Bewertung nach den §§ 185 und 190 BewG ist und den tatsächlichen Nutzungsdauern entspricht. Ihnen als Investor öffnet das Urteil somit die Möglichkeit kürzeren AfA nachzuweisen.